Für 2018 hatte das Museum sich besonders viel vorgenommen und anstelle von drei Ausstellungen im Jahresverlauf gleich vier zusammengestellt. So kam gerade die kleine spätsommerliche Ausstellung, deren Bilderschatz ein ganz besonderer war, nicht genug zur Geltung.
58. Anfang überall – Sammlung Dehnen (Kunstwerke aus der Zeit von 1945-1948)
Eröffnung: 23.02.2018 bis Mai 2018
Einführung: Ulrich Oettel
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs suchten viele in Deutschland einen Neuanfang – auch in der Kunst.
Viele Künstler, die unter Arbeitsverbot gelitten hatten, gar als „entartet“ gegolten hatten, konnten sich nun wieder frei entfalten. Es kam in der Kunst zu einer neuen Vielfalt und Neugierde, teils noch verhalten, teils wie ein Befreiungsschlag.
Um diesen Kräften einen Mittelpunkt zu geben, eröffnete der 34jährige Rudolf Dehnen am 14. Juli 1946 in Göttingen die „Göttinger Galerie“. Vor dem Krieg hatte er Evangelische Theologie, Zeitungswissenschaften, Neue Deutsche Geschichte und Kunstgeschichte studiert, den Krieg als Funker überlebt. Bis 1948 wird dann in Göttingen mit teilweise monatlich wechselnden Ausstellungen die Kraft neuer Bilder gesucht. „Wartet auch die Jugend auf das NEUE WERK? Wird sie, die künstlerisch – wenn überhaupt – im Stil des „Haus der Deutschen Kunst“ erzogen wurde, bereit sein zu Sehen, zu Ahnen, zu Glauben? Wird die Kunst ihr Wegbereiter und Wegbegleiter sein können?” So formulierte Rudolf Dehnen im ersten kleinen Katalog die Aufgabe der Künstler in der sich neu orientierenden und bildenden deutschen Gesellschaft nach der Stunde Null.
Und weiter: „Vor dem regelmäßigen Besucher unserer Ausstellungen wird sich dann das Bild der Malerei, Graphik und Plastik von Monat zu Monat in neuen Formen und Farben ausbreiten. Dieses Bild wird anders aussehen als wir es anderthalb Jahrzehnte gesehen haben. Nicht der »Geschmack«, das »Ästhetische« allein, das »Wohnzimmerbild« gar und »Kraft durch Freude« sind die Richter – das verdichtete seelische Erlebnis, Traum und Wirklichkeit, Höhe und Abgrund, Stille, Rausch und Explosion, Bewahrung und Experiment: Die Kunst! So wir das Ziel wissen, haben wir den Weg bereitet. Alle Freunde, alle Wartenden, alle sind aufgefordert, mit uns zu gehen.“
Mit vielfältigen Exponaten – über 50 Kunstwerken aus der Zeit von 1945 – 1948 und vielen Dokumenten aus dem Nachlass des 2002 verstorbenen Galeristen – wird in dieser Ausstellung beispielhaft deutlich, wie der Einzelne mit seiner Kraft und seinen Ideen sich für die Kunst und mit der Kunst für eine humane Gesellschaft einsetzen kann. Ganz im Sinne Otto Pankoks, für den diese Haltung elementar war.
Rudolf Dehnen, den eine Freudschaft mit der Familie Pankok verband, war nicht nur Galerist, sondern auch Herausgeber von Kunstbänden. Ein Großteil der Buchveröffentlichungen der Werke Otto Pankoks sind Dehnens Verlagsaktivitäten zu verdanken. So erschien unter anderem auch die Holzschnittserie „Die Passion“, deren Erstellung Pankok 1936 den Status als „Entarteter Künstler“ einbrachte, 1982 bei Dehnen im Verlag.
59. Das offene Museum – Straßen, Wege, Pfade / Grafschafter Sammlerinnen und Sammler und ihre Lieblingsbilder
Eröffnung: 08.06.2018 bis Mitte August 2018
Grußwort: Bürgermeister Dr. Volker Pannen, Musik Robbie Alexander
Im Jubiläumsjahr zum 20-jährigen Bestehen veranstaltete das Museum erstmalig eine Ausstellung, deren Ergebnis nicht planbar war: Die Grafschafter und dem Museum nahe stehende Personen wurden dazu aufgerufen, ihre Lieblingsbilder für einige Wochen ins Museum zu geben und uns ihre Geschichte dazu zu schreiben. Die Besucher blickten so nicht nur auf die Bilder selbst, sondern auch auf die Texte, erhielten dabei Erklärungen über Künstler, wie das Bild in den Haushalt gekommen war oder auch was für die Besitzer das Besondere an dem Objekt war.
Für den Sommer 2018 wiederholt das Museum diese Ausstellung mit leicht verändertem Konzept. Es wurde ein Rahmenthema gestellt: „Straße, Wege, Pfade“.
60. Der kleine Prinz – Die Welt der Prinzen und Prinzessinnen / Antoine de Saint Exupéry, Otto Pankok, Jessie Marion King und Cicely Mary Barker
Eröffnung: 24.08.2018 bis Mitte Oktober 2018
Einführung: Ulrich Oettel
Die zweite Sommerausstellung ist: „Der kleine Prinz“ – Die Welt der Prinzessinnen und Prinzen. Vielfältige künstlerische Ansätze umspielen das Thema Kindheit – zwischen Traum und Wirklichkeit.
Neben Lithographien von Antoine de Saint Exupéry (1900 – 1944) zu seinem Kultbuch „Der kleine Prinz“ werden u.a. Kinderdarstellungen von Otto Pankok gezeigt.
Expressiv und realistisch beschönigen die Werke von Otto Pankok (1893 – 1966) nicht die Sorgen und Brüche der Zeit, die auf den Kindern liegen und ihr junges Leben belasten.
Im Gegensatz dazu feiern die Grafiken der Glasgower Art Nouveau Künstlerin Jessie Marion King (1875 – 1949) ein Reich des Märchenhaften und der Schönheit.
Und ihre Kollegin, die an den Präraffealiten geschulte Illustratorin Cicely Mary Barker (1895 – 1973), bezaubert mit ihren Blumenkindern und Elfenbildern und den dazugehörigen Gedichten.
Die sich im Kopf der Betrachterinnen und Betrachter entwickelnden Widersprüche geben so Anregungen auch für die heutige Wirklichkeit.
61. Mut zum Aufbruch – Malerinnen um 1900 / Bremen – Fischerhude – Worpswede
Eröffnung: 26.10.2018 bis Ende Januar 2019
Begrüßung: Ulrich Oettel
Einführung: Hans A. Cordes (Kunststiftung Lilienthal)
Als „Malweiber“ abwertend tituliert, brauchten Frauen um 1900 großes Selbstbewusstsein und Wagemut, wenn sie ihre künstlerischen Ambitionen verfolgen wollten.
Da ihnen Akademien verwehrt waren, machten sie sich auf den Weg. Befreiten sich von den Fesseln bürgerlicher Konventionen und nahmen privaten Unterricht bei namhaften Malerinnen und Malern in Städten wie Berlin, München, Rom und Paris.
Sie reisten in ferne Länder, trafen sich mit Künstlerfreunden und gewannen dadurch eine ganz neue Sicht auf die Welt.
Viele zogen später in ihr heimatliches Umfeld nach Bremen, Fischerhude und Worpswede zurück. Lebten dort mit ihren Familien und im Einklang mit der von ihnen geliebten norddeutschen Landschaft. Doch für ihre Freiheitsliebe, ihren Wunsch, sich künstlerisch immer weiter zu entwickeln, schufen sie sich „kleine Fluchten“. Ein Atelier in München, eine Wohnung in Berlin, sie nutzten diese Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben und Arbeiten.
Jedes ihrer Gemälde erzählt eine eigene Geschichte. Von Frauen mit unverwechselbaren Biografien, von Künstlerinnen, die sich einstmals auf den Weg machten, selbstbewusst und wagemutig.
Um nur einige der 23 in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen zu nennen: Ottilie Reylaender, Hermine Overbeck-Rohte, Clara Rilke-Westhoff und Toni Elster.